Wirksamkeitsbericht zum Finanzausgleich

Der Kantonsrat hat den V. Nachtrag zum Finanzausgleichsgesetz verabschiedet. Die Zentrumslasten der Stadt St.Gallen sollen besser abgegolten werden. Zur Vorlage findet im Jahr 2025 eine Volksabstimmung statt.

Gemäss dem Finanzausgleichsgesetz hat die Regierung dem Kantonsrat alle vier Jahre einen Bericht über den Vollzug und die Wirksamkeit des Finanzausgleichs vorzulegen. Der Bericht gibt Aufschluss über die Erreichung der Ziele des Finanzausgleichs und zeigt Möglichkeiten für Verbesserungen auf.

In der Beratung des IV. Nachtrags zum Finanzausgleichsgesetz erteilte der Kantonsrat der Regierung im Jahr 2020 den Auftrag, auf den nächsten Wirksamkeitsbericht eine Entscheidungsgrundlage bezüglich der verschiedenen Finanzausgleichsmodelle im interkantonalen Vergleich zu erarbeiten und dem Kantonsrat einen allfälligen Modellwechsel zu unterbreiten.

Breit abgestützter Bericht

Die Zuständigkeit für die Erstellung des Berichts liegt beim Departement des Innern. Dabei wurde es wie bereits zuvor durch eine Begleitgruppe unterstützt. Diese war aus Kantons- und Gemeindevertreterinnen bzw. Gemeindevertretern zusammengesetzt. Zur Erfüllung des Kantonsratsauftrags sowie einzelner Spezialaufträge wurde die BSS Volkswirtschaftliche Beratung AG aus Basel beigezogen.

Die BSS kam in ihrem Bericht zum Schluss, dass die Grundstruktur des Finanzausgleichssystems im Kanton St.Gallen mit einem Ressourcen- und Lastenausgleich den aktuellen Finanzausgleichssystemen in anderen Kantonen entspricht. Jedoch stellt der Kanton St.Gallen mit der vollständig vertikalen Finanzierung des Ressourcenausgleichs einen Ausnahmefall dar. Abgesehen von Appenzell Innerrhoden weisen alle anderen Kantone eine (Mit-)Finanzierung durch finanzstarke Gemeinden auf.

Daneben erfüllt das aktuelle Finanzausgleichsmodell des Kantons St.Gallen viele ökonomische Kriterien. Die relevanten Standort- und Wohnortfaktoren werden zu einem grossen Teil durch den Finanzausgleich abgedeckt.

Argumente für horizontalen Ausgleich

Die Analysen zeigten, dass der Vollzug grundsätzlich gut funktioniert. Auch die Wirksamkeit des heutigen Finanzausgleichs wurde mehrheitlich als gut beurteilt. Auffällig sind jedoch die gestiegenen Unterschiede der Steuerfüsse. Sie sind eine Folge des Absinkens der ohnehin schon tiefen Steuerfüsse der Gemeinden und somit einer der Gründe zur Prüfung einer horizontalen Finanzierung des Ressourcenausgleichs.

Obwohl aus fachlicher Sicht die Einführung eines horizontalen Ressourcenausgleichs mit einer moderaten Abschöpfungsquote empfohlen wird, wurde aufgrund einer politischen Gesamtbeurteilung durch die Regierung darauf verzichtet.

Verschiedene Anpassungen

Zur Umsetzung empfohlen wurden hingegen beim soziodemografischen Sonderlastenausgleich die Anpassung des Beitragssatzes der Minderlasten und die Berücksichtigung der AHV-Beiträge für Nichterwerbstätige. Zudem wurde mit dem Wirksamkeitsbericht eine Anpassung des heutigen Verteilschlüssels des öffentlichen Verkehrs vorgeschlagen.

Umfassend geprüft wurden auch Anliegen der Stadt St.Gallen nach einer besseren Abgeltung von Zentrums- und weiterer Lasten. Eine temporäre Erhöhung des Sonderlastenausgleichs der Stadt St.Gallen ist mit einer Bedingung verknüpft: Im Hinblick auf den Wirksamkeitsbericht 2028 sollen die Fragen rund um die Lastenverteilung zwischen Stadt und Kanton im Bereich Kultur sowie die Synergiennutzung zwischen Kantons- und Stadtpolizei eingehend geprüft werden.

Kaum Änderungen nach Vernehmlassung

Der Wirksamkeitsbericht 2024 und der V. Nachtrag zum Finanzausgleichsgesetz waren bis Ende Januar 2024 in der Vernehmlassung. Wesentliche Anpassungen an der Vorlage wurden aufgrund der Rückmeldungen keine vorgenommen.

Der Kantonsrat hatte das Geschäft in der Septembersession 2024 in erster Lesung beraten. Dabei stiessen die Anpassungen am Verteilschlüssel des öffentlichen Verkehrs auf Ablehnung. Die übrige Vorlage wurde ergänzt um einen Auftrag zur Beteiligung der ausserkantonalen Gemeinden an der Finanzierung des Zentrumslastenausgleichs der Stadt St.Gallen.

In der zweiten Lesung wurde ein Rückkommen auf die temporäre Erhöhung des Zentrumslastenausgleichs abgelehnt. Daraufhin hat die SVP-Fraktion das Ratsreferendum ergriffen. Somit wird der V. Nachtrag zum Finanzausgleichsgesetz der Stimmbevölkerung in einer Abstimmung zum Entscheid vorgelegt. Sollte das Referendum abgelehnt werden, wird der V. Nachtrag zum Finanzausgleichsgesetz rückwirkend auf den 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt.

Interview mit Mario Gemperle

Was war Dein erster Eindruck vom Vorhaben «Wirksamkeitsbericht 2024 zum Finanzausgleichsgesetz»?

Da ein solches Projekt von den gegensätzlichen Interessen der beteiligten Interessengruppen geprägt ist, war der Projektstart herausfordernd. Mit fortschreitenden Arbeiten hat sich das Arbeitsklima stark verbessert.

Wo siehst Du die Erfolgsfaktoren für das Vorhaben?

Das Projektmanagement hat sich als gut geplant und stabil erwiesen. So konnten politische Diskussionen geführt und der Zeitplan dennoch eingehalten werden.

Was war rückblickend die grösste Herausforderung?

Die politische Diskussion brachte zahlreiche Wendungen und wiederholte Abklärungen mit sich. Die Herausforderung bestand darin, auf einzelne Ideen einzugehen, dann aber einen Entscheid zu treffen und in der Arbeit weiterzumachen. Diese Abwägung war nicht immer einfach.

Mario Gemperle
Mario Gemperle
Projektleiter

Übersicht innerkantonaler Finanzausgleich

Übersicht innerkantonaler Finanzausgleich
Quelle: Wirksamkeitsbericht 2024

Der innerkantonale Finanzausgleich besteht aus mehreren Instrumenten.