Digitaler Geschäftsverkehr im Grundbuch
Die Regierung hat die Grundlage zur Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs für Pfandrechtsgeschäfte im Bereich Grundbuch geschaffen. Damit können Finanzdienstleister bestimmte Geschäftsarten elektronisch mit dem Grundbuch abwickeln.
Bestrebungen von Gemeinden und Kanton zur Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs gibt es seit längerer Zeit. Das System «Elektronischer Geschäftsverkehr Terravis» (abgekürzt eGVT), mit welchem bestimmte Arten von Geschäften mit dem Grundbuch elektronisch abgewickelt werden können, wurde im Jahr 2015 mit wenigen Geschäftsfällen getestet.
Aufgrund einer unerheblichen Zeitersparnis, Unsicherheiten in der Rechtsgrundlage und einer fehlenden Langzeitspeicherung für die elektronischen Unterlagen wurde im Jahr 2016 auf eine rasche Einführung verzichtet.
Im Juni 2022 kam es zu einem Austausch der Begleitgruppe (Departement des Innern, eGovernment St.Gallen digital., Verband St.Galler Gemeindepräsidien, Fachverband NetzSG mit der St.Galler Kantonalbank). Dabei wurde von allen Seiten bekräftigt, dass die Voraussetzungen zur Einführung des eGVT geschaffen werden sollen.
Erster Vorschlag stösst auf Kritik
Mit einem II. Nachtrag zur Verordnung über das Grundbuch (sGS 914.13) sollte die Rechtsgrundlage für die gemischte Eingabe von elektronischen Belegen und Belegen in Papierform geschaffen werden. Die Vorlage wurde von Mitte März bis Mitte April 2023 in die Vernehmlassung gegeben. Alle Parteien und Organisationen des Finanzsektors äusserten sich zustimmend zur Vorlage.
Die Rückmeldungen einzelner Gemeinden, Regionen, des VSGP und des Fachverbandes NetzSG Ressort Grundbuch fielen jedoch ablehnend aus. Zwar wurde eGVT grundsätzlich begrüsst, das System erschwere jedoch in der Übergangslösung die Grundbuchführung. Es entstünden ein Mehraufwand für den Abgleich zwischen elektronischen und physischen Dokumenten sowie Kosten für die elektronische Langzeitspeicherung.
Das Vorgehen bringe deshalb kaum Effizienzgewinne. Sobald das Bundesgesetz über die Digitalisierung der Notariate in Kraft gesetzt werde, soll das weitere Vorgehen bestimmt werden, so die vorgebrachte Kritik.
Thurgauer Modell setzte sich durch
Aufgrund dieser Ausgangslage hat das Amt für Gemeinden und Bürgerrecht weitere Abklärungen durchgeführt. Diese ergaben, dass im Kanton Thurgau der elektronische Geschäftsverkehr für Pfandrechtsgeschäfte («Thurgauer Modell») wie folgt gehandhabt wird:
Der elektronisch signierte Pfandvertrag der Bank wird als elektronisches Dokument über die Plattform Terravis an das Grundbuchamt übermittelt. Dieses druckt den Vertrag aus und erstellt ein beglaubigtes Papierdokument. Die weiteren Parteien unterzeichnen dieses beglaubigte Papierdokument. Die Aufbewahrung als Grundbuchbeleg erfolgt vollumfänglich in Papierform. Das elektronische Dokument wird zusätzlich auf der Datenbank der Grundbuchsoftware TERRIS gespeichert. Der elektronische Geschäftsverkehr wird im Kanton Thurgau auch im Bereich Handänderungen genutzt.
Nachdem sich das E-Government-Kooperationsgremium dafür ausgesprochen hat, in der Übergangszeit bis zur Inkraftsetzung des Bundesgesetztes das «Thurgauer Modell» ohne Langzeitspeicherung anzuwenden, hat die Regierung am 19. November 2024 den entsprechenden Beschluss gefasst.
Der Einführung des «Thurgauer Modells» für Pfandrechtsgeschäfte in den Grundbuchämtern im Kanton St.Gallen erfolgt demnach als Übergangslösung bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes. Zusätzlich sollen die elektronischen Dokumente in einem Langzeitspeicher aufbewahrt werden. Die Kosten für die Langzeitspeicherung trägt der Kanton. Auf den geplanten II. Nachtrag zur Verordnung über das Grundbuch (sGS 914.13) betreffend gemischte Eingaben wird demnach verzichtet.
Mit diesem Entscheid kann der elektronische Geschäftsverkehr für Pfandrechtsgeschäfte möglichst rasch eingeführt werden. Hierzu wird das E-Government-Kooperationsgremium den notwendigen Beschluss fassen, was voraussichtlich Anfang des Jahres 2025 erfolgen wird. Sobald dies geschehen ist und ein Zeitplan für die produktive Inbetriebsetzung besteht, werden die nächsten Entwicklungsschritte definiert. Zudem wird die Anwendung des elektronischen Geschäftsverkehrs auf weitere Geschäftsarten geprüft.
Strategischer E-Gov-Service
Neben dem elektronischen Geschäftsverkehr wurde zudem im Grundbuchbereich vom E-Government-Kooperationsgremium die Grundbuchlösung als strategischer E-Government-Service festgelegt. Das bedeutet, dass für verschiedene Aufgaben nicht mehr die einzelnen politischen Gemeinden oder die kantonale Grundbuchaufsicht zuständig sind, sondern eGovernment St.Gallen digital. Diese Organisation von Kanton und Gemeinden leitet nun die Entscheidungsfindung, mit welchem System im Kanton St.Gallen das Grundbuch künftig geführt wird.