«Staatsanwältin und Mutter zu sein, ist für uns kein Widerspruch»
Die Vereinbarkeit von Karriere und Familie ist auch für die Staatsanwaltschaft St.Gallen ein wichtiges Thema. Wie es gelingen kann und welche Herausforderungen sich stellen, erzählen hier die zwei Staatsanwältinnen, Sarah Beglinger und Jacqueline van Rossum-Thomann.
Die Tätigkeit als Staatsanwältin stellt für uns als Mütter in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung dar. Als grossen Vorteil empfinden wir es, dass wir bereits mehrere Jahre als Vollzeit-Staatsanwältinnen tätig waren, bevor wir Mütter wurden. Von der damit gewonnenen Erfahrung, Routine und Gelassenheit können wir heute viel profitieren. Dies zahlt sich insbesondere bei den durch die Teilzeittätigkeit bedingten zeitlichen Einschränkungen aus, unter denen – wie bei anderen Teilzeitarbeitenden auch – die Effizienz manchmal etwas leidet. Wo wir früher auch mal in den Abend hinein arbeiten und eine begonnene Arbeit abschliessen konnten, wenn wir in ein Dossier vertieft waren, sind wir nun einem engen zeitlichen Korsett unterworfen. Kinder in die Kita oder in den Kindergarten bringen und von dort wieder abholen, setzt uns einen klaren zeitlichen Rahmen. Umgekehrt zwingt dieses Korsett uns immer wieder zu Priorisierungen und dazu, uns auf das Wesentliche zu fokussieren, was wiederum einen Effizienzgewinn darstellt.
Als Staatsanwältin und Mutter muss man darauf achten, dass die Work-Life-Balance nicht aus dem Gleichgewicht gerät und dass man es bei hoher Arbeitsbelastung schafft, auch mal abzuschalten und anderen Lebensbereichen genug Raum zu bieten.
Bei "normalem" Arbeitsbetrieb lässt sich der Alltag relativ gut planen. Obwohl einzelne Tätigkeiten, wie längere Einvernahmen, Gerichtsverhandlungen, Hausdurchsuchungen oder externe Weiterbildungen, meist einen besonderen Planungsaufwand sowie die Flexibilität des Partners und weiterer Betreuungspersonen erfordern. Auch Krankheiten von Kindern machen jede sorgfältige Planung zunichte und können zu kurzfristigen Ausfällen führen. Hier sind wir jeweils besonders dankbar für den starken Rückhalt im Arbeitsteam. Glücklicherweise können wir hier darauf zählen, dass jemand bei unverschiebbaren Terminen spontan für uns einspringt. Auch haben wir ein verlässliches Stellvertretungssystem, so dass trotz Abwesenheit stets eine Ansprechperson für dringende Fragen zur Verfügung steht. Wenn aber doch etwas Dringendes, wie die Vorbereitung termingerechter Eingaben, Einvernahmen oder Anklagevertretungen, mal nicht in der Bürozeit erledigt werden kann, muss man sich halt am Abend , wenn die Kinder im Bett sind, nochmals dransetzen. Hier stellen die flexiblen Arbeitszeiten (Gleitzeit) im Kanton St.Gallen ein grosses Plus dar. Gleichwohl muss man darauf achten, dass die Work-Life-Balance nicht aus dem Gleichgewicht gerät und man es trotz bzw. gerade bei hoher Arbeitsbelastung schafft, auch mal abzuschalten und den anderen Lebensbereichen, wie den Kindern, dem Partner, Freundschaften und eigenen Hobbies genug Raum zu bieten. Da Kinder besonders in den ersten Lebensjahren besonders viel Raum einnehmen, ist es durchaus eine Herausforderung, dass neben unserem Beruf, der ebenfalls sehr einnehmend ist, die übrigen wichtigen Punkte nicht zu kurz kommen.
Die Kombination Elternschaft und die Tätigkeit als Staatsanwältin ist möglich, aber anspruchsvoll. Es braucht viel Erfahrung und ein starkes Umfeld, damit es gelingen kann und kein Lebensbereich zu kurz kommt.
Besonders anspruchsvoll sind sicherlich die Pikettdienste, die wir als Staatsanwältinnen leisten. Wir sind in diesem Bereich in grossem Masse auf das Entgegenkommen unserer Partner sowie die Unterstützung unserer Eltern und Schwiegereltern angewiesen. Es ist nicht vorstellbar, wie das Leisten von Pikettdienst mit Kleinkindern ohne jegliche Unterstützung aus dem familiären Umfeld möglich wäre. Der Pikettdienst ist aber ein geschätzter Teil unseres Berufs und wir sind der Meinung, dass man hier einen gewissen "Background" und Flexibilität mitbringen muss, wenn man als Mutter und Staatsanwältin Pikettdienst leistet. Es ist aber auch klar, dass es nicht möglich ist, nach Abschluss eines besonders strengen Piketts, sämtliche aufwändigen Pikettfälle selber weiterzuführen. In solchen Situationen ist man auf eine Entlastung seitens der Amtsleitung und das damit verbundene Verständnis der Arbeitskollegen und -kolleginnen angewiesen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kombination Elternschaft und die Tätigkeit als Staatsanwältin möglich, aber anspruchsvoll ist. Es braucht viel Erfahrung und ein starkes Umfeld, damit es gelingen kann und kein Lebensbereich zu kurz kommt. Der fordernde Beruf und das nicht minder fordernde Familienleben – beides ist für uns sehr erfüllend und auf beides möchten wir nicht verzichten müssen.