Einfluss der Lufttemperatur auf Hochwasser
Wenn von Klimawandel gesprochen wird, werden meist steigende Lufttemperaturen assoziiert. Die steigenden Lufttemperaturen und damit der Klimawandel haben aber weitgreifende Wetteränderungen zur Folge, welche einerseits langanhaltende Trockenperioden begünstigen und gleichzeitig ein grösseres Potenzial für starke Eintagesniederschläge mit sich bringen. Die dadurch ausgelösten Naturgefahren können auch Folgen des Klimawandels sein.

Grundlage zur Entwicklung starker Niederschläge im Sommer ist die Lufttemperatur, da generell warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann als kalte Luft. Durch warme und stark gesättigte Luftmassen bis in grosse Höhen können sich Gewitterwolken bilden, welche ein grosses Schadenspotenzial haben, da innerhalb kurzer Zeit viel Niederschlag fallen kann. Gewitter sind im Winter möglich aber eher untypisch.
Durch die Lage der Alpen zwischen Mittelmeer und Atlantik können Wettersysteme von unterschiedlichen Richtungen das Wettergeschehen beeinflussen. Inneralpin können von Tal zu Tal Unterschiede auftreten. Dabei ist es möglich, dass sich stationäre Gewitter bilden, welche sich kaum fortbewegen und dadurch gebietsfest an einem Ort viel Niederschlag fällt. Durch die Hebung von Luftmassen an den Bergen können sich Niederschläge intensivieren.


Unter Geschiebe versteht man festes Gesteinsmaterial, welches sich durch hohe Fliessgeschwindigkeiten an der Sohle der Bäche und Flüsse bewegt. Dieses Material ist locker und unterscheidet sich nach Grösse und Form, je nach vorherrschender Geologie und Transportkapazitäten. Bäche mit starkem Gefälle, hohen Fliessgeschwindigkeiten und grosser Wasserführung haben besonders grosse Transportkapazitäten. Überwiegt der feste Anteil des Gesteins im Wasser, spricht man auch von einem Murgang.
Niederschläge werden laufend gemessen und in unterschiedlichen Zeitabständen aufsummiert (zum Beispiel monatlich oder jährlich). Der Niederschlag, welcher an einem Tag fällt, kann zur Klassifizierung extremer Wetterereignisse verwendet werden. Fällt die Monatssumme innerhalb von 24 Stunden, handelt es sich um ein ausserordentliches Niederschlagsereignis. Mit steigenden Lufttemperaturen nimmt das Potenzial für hohe Eintagesniederschläge zu. Ein stationäres Gewitter während wenigen Minuten oder Stunden kann die Eintagessumme stark erhöhen. In steilen Berglagen oder auf stark versiegelten Flächen kann daraus ein hoher Oberflächenabfluss resultieren, welcher nicht mehr vom Boden aufgenommen werden. Deshalb kann die Oberfläche erodieren.
Nicht jeder hohe Eintagesniederschlag birgt eine Gefahr. Die Vorgeschichte (zum Beispiel stark gesättigte Böden) und die Zeitdauer der stärksten Niederschlagsintensität (Eintagesniederschlag innerhalb von 30 Minuten) bestimmen das Schadenpotenzial. Stark gesättigte Böden fördern die Mobilisation von Schlamm und Gestein, welches als Geschiebe in Bächen abfliesst. Auf versiegelten Flächen führt die hohe Niederschlagsintensität zu einer Überlastung von Kanalisationen oder Entwässerungssystemen und erhöht die Schäden in Siedlungsgebieten. Zusammen mit den Auswirkungen des Klimawandels sind steigende Eintagesniederschlagssummen mit höherem Schadenpotenzial zu erwarten.
Am Beispiel der Eintagesniederschläge in der Stadt St.Gallen und den daraus resultierenden Abflüssen in der Steinach wird deutlich, dass nicht jede hohe Niederschlagssumme zu hohen Abflüssen führt (2007, 2008, 2015). Unter dauerhaft nassen Bedingungen können kleine Eintagesniederschläge bereits ein Hochwasser auslösen (2002). Kurze heftige Gewitter mit hohen Intensitäten führen in der Steinach zu den grössten Hochwasserabflüssen, obwohl die Summe der Eintagesniederschläge nicht automatisch ausserordentlich hoch sein muss (2011, 2018, 2024). Hohe Eintagesniederschläge in St.Gallen und hohe Abflüsse in der Steinach sind ein Phänomen der Sommermonate von Juni bis September (Gewitter). Dehnt sich die Gewittersaison aufgrund des Klimawandels aus, ist in Zukunft mit häufigeren Hochwassern zu rechnen. Entscheidend sind auch die Vorbedingungen des Bodens (2018 war die Trockenheit neben der hohen Niederschlagsintensität mitverantwortlich für die Hochwasserspitze).
